{"id":872,"date":"2020-04-15T12:05:00","date_gmt":"2020-04-15T12:05:00","guid":{"rendered":"http:\/\/doktorpeng.lifeisadobbitsch.de\/?p=864"},"modified":"2021-04-01T20:54:40","modified_gmt":"2021-04-01T20:54:40","slug":"von-tentakeln-und-schlafenden-goettern-h-p-lovecrafts-horror","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.lifeisadobbitsch.de\/von-tentakeln-und-schlafenden-goettern-h-p-lovecrafts-horror\/","title":{"rendered":"Von Tentakeln und schlafenden G\u00f6ttern: H.P. Lovecrafts Horror"},"content":{"rendered":"\n
Der Gedankenkosmos von H. P. Lovecraft ist eine verst\u00f6rende Albtraumwelt voller Tentakel, Monster und bitterer Erkenntnisse. Als \u201eChronist des Grauens\u201c gehuldigt, genie\u00dfen seine Werke Kultstatus und sind ein Grundpfeiler der Horrorliteratur. Auf der Leinwand sieht es allerdings weniger r\u00fchmlich aus, denn trotz vieler Anl\u00e4ufe ist es nie gelungen seine Geschichten wirklich ad\u00e4quat zu verfilmen oder die Stimmung seiner Erz\u00e4hlungen einzufangen. Wir wagen einen Erkl\u00e4rungsversuch und streifen daf\u00fcr durch die Abgr\u00fcnde seines Schaffens.<\/strong><\/p>\n\n\n\n Neben Edgar Allen Poe und Stephen King geh\u00f6rt H.P. Lovecraft wohl zu den bekanntesten Horrorautoren der Welt und sein Einfluss auf die westliche Popkultur ist vielleicht sogar noch gr\u00f6\u00dfer als der seiner beiden Br\u00fcder im Geiste. Lovecraft erschuf in seinen Geschichten und Kurzgeschichten eine eigene Mythologie, ein Universum des Schreckens, das sich danach verselbstst\u00e4ndigte und schnell eine Inspiration f\u00fcr kommende Generationen von Autoren bildete. Ein Lovecraft-Crash-Kurs sieht ungef\u00e4hr so aus: lange bevor der Mensch diese Welt betrat wimmelte es von alten, schrecklichen \u00dcberwesen, die aus den kalten, leeren Tiefen des Alls kamen. Es waren gigantische G\u00f6tter, allesamt widerliche, allm\u00e4chtige Perversionen mit Klauen und Tentakeln. Diese G\u00f6tter sind teilweise verschwunden, teilweise haben sie an manchen Orten Spuren hinterlassen, sind mitunter verr\u00fcckt geworden oder schlummern noch irgendwo in unserer Welt in einem \u00e4onenlangen Schlaf (ja, an das Wort \u201e\u00c4onen\u201c sollten sich Lovecraft-Leser gew\u00f6hnen) aus dem sie jederzeit erwachen k\u00f6nnten um uns alle zu vernichten.<\/p>\n\n\n\n Lovecraft kreierte eine finstere Version der Magischer Realismus-Literatur und der Wahnsinn ist ein allgegenw\u00e4rtiges Element in seinen dunklen M\u00e4rchen. Denn er ist die Gefahr, die in all seinen Erz\u00e4hlungen lauert: immer wieder hebt sich der Schleier unserer Realit\u00e4t und die Protagonisten bekommen einen winzigen Ausblick auf die kosmischen Schrecken, die unsere Welt vernichten k\u00f6nnten \u2013 und verlieren dadurch schlicht und ergreifend den Verstand. Und es gibt unz\u00e4hlige M\u00f6glichkeiten f\u00fcr Lovecraft-Figuren verr\u00fcckt zu werden: In der wohl ber\u00fchmtesten Geschichte\u00a0The Call of Cthulhu,<\/em>\u00a0hat ein Kapit\u00e4n das Pech auf einer Schifffahrt fast die Apocalypse einzul\u00e4uten, weil er den\u00a0Schlummer der alten G\u00f6tter st\u00f6rt. In\u00a0The Rats in the Wall<\/em>\u00a0findet ein Mann pl\u00f6tzlich heraus, dass seine Ahnen nicht wirklich Menschen waren, sondern etwas sehr viel verst\u00f6renderes. In\u00a0Pickmann\u2019s Modell\u00a0<\/em>fragt sich jemand, wie es ein K\u00fcnstler schafft, so realistische Monsterbilder zu zeichnen und entdeckt das Unfassbare. Ja, der Wahnsinn lauert \u00fcberall in der Welt von H.P. Lovecraft, und kaum jemand kommt geistig intakt aus den dunklen Gefilden wieder, durch die er seine Figuren irren l\u00e4sst, w\u00e4hrend er uns ihren mentalen Verfall akribisch genau schildert.<\/p>\n\n\n\n Wer an brillanter Horror- oder Gruselliteratur interessiert ist und noch nie ein Lovecraft-Buch in der Hand hatte, hat definitiv etwas verpasst. Sprachlich dicht, voller Atmosph\u00e4re und verst\u00f6render Ideen: kein Wunder, dass sich viele an Verfilmungen probiert haben. Und fast alle sind gescheitert.<\/p>\n\n\n\n Eine meiner liebsten Lovecraft Geschichten, The Lurking Fear,<\/em> war die erste Lovecraft Adaption, die ich jemals sah. Es war tats\u00e4chlich eine schreckliche und schockierende Erfahrung, aber nur aus dem Grund, dass ich selbst als Teenager nicht fassen konnte, wie dilettantisch die Umsetzung war! Ein Wanderer m\u00f6chte einen Mythos auf den Grund gehen, der besagt, dass im nahen Gebirge Monster lauern, die bei jedem Gewitter erscheinen. Eine Kurzgeschichte voller Suspense, Spannung, Blut und Wendungen \u2013 ein Film hingegen, wie er billiger nicht sein k\u00f6nnte. Er ist gezeichnet von schlechten Darstellern, schlechter Bildgestaltung und schlechten Masken, die immer wieder hinter Ecken hervorspringen und nur einen Schritt davon entfernt sind \u201eBuh!\u201c zu rufen. Das soll Lovecraft sein? Und die anderen knapp sechzig Spielfilme, die auf seinen Romanen beruhen, sind ein \u00e4hnliches Trauerspiel.<\/p>\n\n\n\n Es hilft nicht wirklich, dass die meisten davon low-budget Produktionen sind. Geld alleine macht zwar noch keinen guten Film, und die Drehb\u00fccher hinken ohnehin, aber etwas Spielraum, was die Technik, die Ausstattung und auch die Effekte angeht w\u00e4re oft w\u00fcnschenswert. Der einzige Film den man auch jenseits einer eingefleischten Fangemeinde kennen k\u00f6nnte ist Re-Animator<\/em>. Es ist zugegebener Ma\u00dfen einer der besseren Filme, aber auch hier wird der Geist der Geschichte nicht getroffen, sondern er kommt als recht eigenst\u00e4ndige Horrorkom\u00f6die daher, die eher \u201einspired by\u201c als \u201ebased on\u201c Lovecraft ist. Ironischerweise muss man, um Langfilme zu finden, die den richtigen Lovecraft-Spirit in sich tragen, dort suchen, wo sein Name nicht in den Credits steht.<\/p>\n\n\n\n Guillermo del Toro war lange ein Hoffnungstr\u00e4ger, denn mehr als einmal betonte er, dass sein Wunschprojekt die Lovecraft-Romanverfilmung At<\/em> t<\/em>he Mountains of Madness <\/em>sei. Es ist klassischer Lovecraft-Stoff, in der eine Polarexpedition auf die Spuren einer vergangenen Zivilisation und ihrer (\u00fcberraschender Weise noch recht aktiven) G\u00f6tter st\u00f6\u00dft und dabei teilweise den Verstand verliert. Nach mehreren Schwierigkeiten in der Produktion wurde das Projekt 2012 jedoch endg\u00fcltig gekippt, weil del Toro der Meinung war, das Alien-Prequel Prometheus<\/em> h\u00e4tte zu viele Parallelen. Ganz richtig: uns wird der potentiell bestm\u00f6gliche Lovecraft-Film versagt und statt dessen ein lauwarmer Alien-Aufguss aufgetischt.<\/p>\n\n\n\n Aber selbst wenn keiner von del Toros Filmen das Siegel \u201eBased upon a Story by H.P. Lovecraft\u201c tr\u00e4gt, sind die Inspirationen, die er aus dessen Oeuvre sch\u00f6pft unverkennbar. In Hellboy<\/em> dringt ein intergalaktisches \u00dcberwesen aus einer anderen Dimension fast in unsere Welt ein um uns zu zerst\u00f6ren \u2013 alles was wir sehen sind seine Greifarme und Klauen und es sieht Cthulhu zum verwechseln \u00e4hnlich. In Pans Labyrinth<\/em> geht es um eine versteckte Welt, die uns in Tr\u00e4umen und Alptr\u00e4umen begegnet und das Design der Kreaturen (insbesondere des Menschenfressers) k\u00f6nnte aus einem Lovecraftschen Skizzenbuch stammen. Diesen Monat l\u00e4uft del Toros Crimson Peak<\/em> an und obwohl es kein At the Mountains of Madness<\/em> ist haben wir es wieder mit einem Horrorfilm zu tun, der seine Lovecraftschen Einfl\u00fcsse nicht verleugnen kann.<\/p>\n\n\n\n Wenn wir noch weiter \u00fcber den Tellerrand schauen, finden wir heraus, dass nicht nur der maue Prometheus<\/em> sondern auch der grandiose Alien<\/em> sich hier und dort am Mythos von Lovecraft bedient: fr\u00fche Drehbuchentw\u00fcrfe lesen sich noch st\u00e4rker wie eine Adaption des Stoffes, aber auch das finale Design der Kreaturen wurde immer wieder auf die Beschreibung von Lovecraftschen Monstern zur\u00fcckgef\u00fchrt, die die Kreativit\u00e4t des Sch\u00f6pfers H.R. Giger eindeutig gef\u00fcttert haben. In den Tanz der Teufel<\/em> Filmen begegnet uns das \u201cNecronomicon\u201d, ein fiktives Buch in dem laut Lovecrafts Mythos ein (nat\u00fcrlich wahnsinniger) Araber \u00fcber die Geschichte der alten G\u00f6tter schreibt. Noch weiter drau\u00dfen sehen wir John Carpenters The Thing<\/em>, das zwar ein Remake und sogar die Romanadaption eines anderen Stoffes ist, aber von seinen Themen und seiner Stimmung enger mit Lovecraft Erz\u00e4hlungen verbunden war als die meisten Filme. Dies ist nat\u00fcrlich kein Zufall, denn wie nah Carpenter dem Lovecraft Mythos steht, zeigte er in einem Film, der uns die wahre Problematik der Lovecraft-Adaptionen besser vor Augen f\u00fchrt als jedes andere Beispiel. Denn bisher fehlt uns noch eine wichtige Zutat zum echten Lovecraft: der Wahnsinn.<\/p>\n\n\n\n Der von Stephen King co-produzierte John Carpenter Film Die M\u00e4chte des Wahnsinns<\/em> von 1994 ist vielleicht der lovecraftsche aller Filme. Es geht um den Autoren Sutter Kane, der eindeutig eine Mischung aus King und Lovecraft ist; er ist (wie King) eine Art Rockstar unter den Horrorschriftstellern mit einer riesigen Marketingmaschine und schreibt (wie Lovecraft) \u00fcber verborgene Orte, an denen alte G\u00f6tter und antike Monster unter der trivialen Oberfl\u00e4che unserer Lebenswelt lauern. Immer mehr Leser von Kanes Romanen scheinen den Verstand zu verlieren und Amok zu laufen, doch bevor sein neustes Buch erscheint verschwindet der Autor pl\u00f6tzlich spurlos. Der Versicherungsagent John Trent wird angeheuert um ihn zu finden oder dem Verlag die entstandenen Verluste auszugleichen. Es folgt eine Irrfahrt durch Orte, die es nicht geben kann, Verbiegungen von Raum und Zeit und nat\u00fcrlich der unvermeidliche mentale Kollaps, den Trent erleiden muss, als er die Wahrheit herausfindet. Diese Wahrheit ist [SPOILER ON], dass Kane tats\u00e4chlich mit mystischen M\u00e4chten aus einer Dimension der Leere in Verbindung steht, die ihm Geschichten einfl\u00fcstern und \u00fcbermenschliche Kr\u00e4fte verleihen um die Realit\u00e4t zu ver\u00e4ndern. Diese Wesen wollen in unsere Welt eindringen aber m\u00fcssen daf\u00fcr die Menschheit um den Verstand bringen. Ohne es zu merken leitet Trent also dadurch, dass er das Manuskript zum finalen Roman \u00fcberbringt, die Apokalypse ein. Auf seine Frage, was denn mit den Leuten passiert, die nicht lesen k\u00f6nnen kommt die Antwort: \u201eDer Film l\u00e4uft n\u00e4chste Woche an.\u201c Und am Ende geht Trent tats\u00e4chlich durch die postapokalyptische Welt und findet ein Kino in dem dieser Film l\u00e4uft. Der Titel: Die M\u00e4chte des Wahnsinns. <\/em>So hockt John Trent im Kinosessel wie wir und auf der Leinwand beginnt genau der Film, den wir gerade gesehen haben. What a twist! Der einzige Haken: obwohl der Abspann l\u00e4uft sind wir noch bei klaren Verstand und laufen keineswegs Amok. Wir k\u00f6nnen die Logik nachvollziehen, aber der Effekt bleibt aus. [SPOILER OFF]\n\n\n\n Der Wahnsinn, wie er in den meisten Filmen dargestellt wird, ist f\u00fcr uns schwer zu verstehen. Wir k\u00f6nnen es nur narrativ rational nachvollziehen und die Punkte verbinden: Jack Nicholson beginnt in The Shining<\/em> Geister zu sehen, die b\u00f6sen Einfluss haben, trinkt \u2019ne Menge und irgendwann wird er zum Schreibmaschinenpsycho und schwingt seine Axt. Versteh\u2018 ich. Nach Adam Riese: Verfluchtes Hotel + Geister + Alkohol = Wahnsinn. Aber sobald er mit finsteren Blick durch die G\u00e4nge eilt, sobald ein Protagonist sabbert und geifert oder keifend in einer Zwangsjacke steckt oder hysterisch lacht, f\u00e4llt meine Identifikationsm\u00f6glichkeit gr\u00f6\u00dftenteils flach, weil ich nicht sehe, wie mir das eines Tages passieren k\u00f6nnte. Der Taschenspielertrick, den viele Filme anwenden um diese Klippe zu umschiffen ist uns etwas als Realit\u00e4t zu zeigen und es dann als Wahnvorstellung oder Traum zu entpuppen. Diese Methode ist griffig aber ein kleines Foul, denn sie hat mit nachvollziehen nichts zu tun, sondern ist effektive Augenwischerei. Wir haben hier ja nie die M\u00f6glichkeit es anders zu sehen, als es uns der Film pr\u00e4sentiert, geschweige denn unseren eigenen Wahnsinn auszuleben oder unseren Verstand anzuzweifeln. Das Leben einer Figur kann in Gefahr sein und ich verstehe die Dringlichkeit, weil mein Leben auch in Gefahr w\u00e4re, wenn ein M\u00f6rder hinter mir her ist. Aber wann ist denn wirklich mein Verstand in Gefahr?<\/p>\n\n\n\n Obwohl ich Filmliebhaber erster G\u00fcte bin, muss man sich die Grenzen des Mediums eingestehen. Wenn es in Lovecrafts The Color Out of Space<\/em> um eine Farbe geht, die anderes ist, als jede Farbe, die Menschen jemals gesehen haben, dann ist das einfach visuell kaum umzusetzen. Die St\u00e4rke des Films, n\u00e4mlich seine expliziten Darstellungsm\u00f6glichkeiten, werden zur Schw\u00e4che und die diffuse Vorstellung in unseren Kopf \u00fcber eine Farbe, die wir noch nie gesehen haben, ist st\u00e4rker als alles, was der Film zeigen oder nicht zeigen k\u00f6nnte. Was haben sich die Macher f\u00fcr die Verfilmung einfallen lassen? Sie haben in Schwarz-Wei\u00df gedreht. Ergebnis? Naja.<\/p>\n\n\n\n Die traurige Logik ist: Wenn uns etwas gezeigt wird und wir nicht den Verstand verlieren, aber der Protagonist schon, dann klafft eine L\u00fccke zwischen uns denn es ist scheinbar nicht gut genug gezeigt. Anderseits, wenn wir etwas nicht zeigen und dann die Protagonisten den Verstand verlieren, wirkt es oft noch befremdlicher, denn dann versuchen wir es uns auszumalen und hier bei\u00dft sich der Hund in den Schwanz, weil es f\u00fcr uns unm\u00f6glich ist, sich etwas vorzustellen, was uns wahnsinnig werden l\u00e4sst, ohne wahnsinnig zu werden. Und letzteres kann und wird nicht der Fall sein.<\/p>\n\n\n\n Doch wo die Filmindustrie bisher versagt hat, scheint die Spieleindustrie pl\u00f6tzlich ihre wahre St\u00e4rke zu zeigen: bei immer mehr Survival-Horror Spielen ist der Verstand eine endliche Ressource. Auch hier kann man die Lovecraft Einfl\u00fcsse klar erkennen und wer einmal Anmesia: The Dark Descent<\/em> gespielt hat, wei\u00df wovon ich rede. Die Spielfigur besitzt keine Waffen und es gibt wenig Licht \u2013 und dieses Licht lockt sogar Monster an. Je l\u00e4nger man diese Monster anschaut, desto mehr Verstand verliert man und pl\u00f6tzlich funktioniert die Steuerung nicht mehr, die Grafik bekommt Fehler oder man geht aus einem Raum hinaus nur um im selben Raum wieder anzukommen. Hier wird uns als Spieler perfekt der Wahnsinn pr\u00e4sentiert und wir m\u00fcssen uns entscheiden ob wir Neugierig auf die Monster sind und daf\u00fcr den Verstand verlieren oder wegschauen und durch die Dunkelheit tappen um dann vielleicht von einem Schatten verschlungen zu werden. Ein Lovecraft-Paradoxon allererster G\u00fcte. Einen \u00e4hnlichen und noch viel perfideren Ansatz hatte schon vor vielen Jahren das Spiel Eternal Darkness: Sanity\u2019s Requiem<\/em>, das dem Spieler ab einen gewissen Wahnsinnswert einfach beim speichern gesagt hat, dein Savefile ist besch\u00e4digt und dein Spielstand verloren. Nat\u00fcrlich gelogen, aber eine wunderbare Form um den Spieler um den Verstand zu bringen und wahre Panikattacken auszul\u00f6sen, wenn man es das erste Mal erlebt hat. Selbstverst\u00e4ndlich darf man auch die Glanzzeiten von Silent Hill<\/em> nicht vergessen, die mit Schuld und S\u00fchne spielten und uns in \u00e4hnliche menschliche Abgr\u00fcnde blicken lie\u00df.<\/p>\n\n\n\n Diese Spiele haben den Vorteil, dass wir den Protagonisten lenken und sein Wahn zu unserem wird. Die B\u00fccher von Lovecraft hingegen haben den Vorteil, dass sie uns unmittelbar an den Innenleben der Figuren teilhaben lassen und uns mehr den Prozess des geistigen Verfalls zeigen, als die Resultate. Es findet zwar ebenfalls eine Entfremdung statt, aber eine, die schnell in Mitleid umschl\u00e4gt. Die filmischen Umsetzungen, so gut sie mitunter auch sind, haben leider bisher noch keinen Trick gefunden, genau dieses Sentiment des verfallenden Verstandes anst\u00e4ndig zu bedienen. Was vielleicht auch besser so ist, denn am Ende ist ein Film, der uns wie in Die M\u00e4chte des Wahnsinns <\/em>verr\u00fcckt macht, nat\u00fcrlich nicht w\u00fcnschenswert.<\/p>\n\n\n\n Daraus zu schlussfolgern, dass Lovecrafts B\u00fccher unverfilmbar sind und man es darum lassen sollte, w\u00e4re jedoch ein fehlgeleiteter Fatalismus. Heart of Darkness<\/em> galt als unverfilmbar, bis Apocalpyse Now<\/em> daher kam und dass man Der<\/em> Herr der Ringe<\/em> vern\u00fcnftig umsetzen kann, konnten ebenfalls wenige glauben. Der Unterschied ist, dass die H\u00fcrde bei diesen Filmen das Erschaffen von detaillierten Au\u00dfenwelten war. Das hat Hollywood \u00fcber die Jahre immer besser gelernt und dieser Entwicklung sind scheinbar nach oben keine Grenzen gesetzt. Bei Lovecraft geht es jedoch um das Erschaffen detaillierter Innenwelten und das ist eine Evolution, die entgegen alle momentanen Trends l\u00e4uft. Hoffnungsschimmer gibt es immer wieder: einige Kurzfilme steuern in spannende Richtungen und der 70 min\u00fctige Call of Cuthullu<\/em> ist eine wunderbare Hommage an das Lovecraftsche Werk, doch der entscheidende Funke fehlt noch. Eines Tages jedoch, auch wenn es \u00c4onen dauert, wird hoffentlich ein\/e Filmermacher\/in die Grenzen des Mediums Film und die des Wahnsinns verstehen und einmal um die Ecke denken um das Unfilmbare filmbar zu machen. Wie das aussieht, kann keiner sagen, aber es sollte keine Kapitulation sein, sondern eine Motivation zum beschreiten neuer Pfade f\u00fcr das immer ausgetretenere Horrorgenre. Bis dahin bleiben uns zumindest noch die Seitenschritte von Carpenter und Co., die Eskapaden der Spieleindustrie und nat\u00fcrlich die B\u00fccher von Lovecraft, die irgendwo auf dunklen Dachb\u00f6den schlummern und seit 125 Jahren darauf warten von uns stets aufs neue entdeckt und gef\u00fcrchtet zu werden.<\/p>\n\n\n\n \u2014\u2014\u2014\u2013<\/p>\n\n\n\n Anmerkung des Autors: Um den Rahmen des Artikels nicht zu sprengen habe ich einige Abstriche gemacht und m\u00f6chte mich daher bei zwei Personengruppen entschuldigen.<\/p>\n\n\n\n Zum einen bei den Lovecraft-Gelehrten; die Z\u00fcge seines Werkes wurden f\u00fcr Einsteiger verst\u00e4ndlich sehr grob und manchmal etwas simplifiziert erl\u00e4utert. Zum anderen bei den Psychologen; es ist mir bewusst, dass es sowas wie \u201eden Wahnsinn\u201c nicht gibt, sondern dass es eine zu einfach gedachte Schublade ist um eine unglaubliche Anzahl von hochkomplexen Konstellationen des menschlichen Geistes zu brandmarken, darum habe ich mich f\u00fcr eine Begriffsverwendung anhand der vorliegenden Werke entschieden.<\/p>\n\n\n\n Jeden der wirklich an Lovecrafts Werk oder an den verschiedenen Krankheitsbildern der Psychologie interessiert ist, sei weiterf\u00fchrende Lekt\u00fcre nahegelegt.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Eine Reise durch den Literatur- und Filmkosmos des H.P. 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